Schon ganz früh standen Samuel, Paul, Sarah und Dominik auf, um den drei Müllers – Ernst, Fritz und Bernhard eine Überraschungsfreude zu machen. Leider waren die drei alten Männer seit vielen Jahren zerstritten und vermieden seit langer Zeit jeden Kontakt miteinander. Doch nachdem es die vier Freunde vor gar nicht allzu langer Zeit schafften, bei Bernhard – Hardy – Müller, das Eis zu brechen, entschlossen sie sich dazu, die drei Brüder wieder zu vereinen. Als nächsten wichtigen Schritt planten sie dafür eine kleine gemeinsame Teezeit – mitten im Wald.

Samuel klingelte bei Bernhard Müller und klebte einen Zettel an die Tür.

Dominik klingelte bei Ernst und Sarahs Papa fuhr sie zu Fritz in die Berge.

Nachdem die drei ihren Klingeljob erledigt hatten, versteckten sie sich schnell und beobachteten, den Hauseingang, um sicherzustellen, dass die Nachricht auch gelesen würde.

Währenddessen bereiteten Paul und sein Vater im Wald alles vor.

Als erstes öffnete Ernst Müller seine Haustür. „Merkwürdig“, murmelte er ganz verschlafen. Wer klingelt denn zu so früher Stunde an meiner Haustür? Und dann ist niemand da?“ Da entdeckte er den angeklebten Zettel. „Na nu? Da steht etwas geschrieben. Heute ist ein ganz besonderer Tag. Bitte ziehen Sie sich schnell etwas Warmes an und bereiten Sie zwei Thermoskannen mit heißem Tee vor. In dreißig Minuten hält das Wintertaxi vor Ihrer Haustür, um Sie abzuholen. Wintertaxi?“ Ernst rieb sich am Kopf und trabte irritiert ins Haus zurück, um sich an die Arbeit zu machen.

Inzwischen hatten auch Fritz und Hardy ihre Überraschungszettel entdeckt und machten sich ans Werk. Die Zeit bis zur Abholung verging wie im Flug. Kaum, dass sich Ernst angezogen und den Tee vorbereitet hatte, hörte er es draußen klingeln. Doch was da klingelte war nicht seine Haustürklingel ... neugierig ging er zum Fenster und blickte nach draußen. „Da gibt’s doch nicht!“, murmelte er erstaunt. Er zog sich warm an, packte die Thermoskannen ein und ging nach draußen.

„Ho, ho, ho!“, rief ein Weihnachtsmann von einem Pferdeschlitten herab, der mit mehreren Laternen erleuchtet wurde. „Einen wunderschönen guten Morgen, Herr Bürgermeister. Kommen Sie! Steigen Sie auf und seien Sie unser Gast.“

„Unser?“, fragte Ernst halblaut. Er ging einige Schritte auf den Schlitten zu und erblickte seinen Bruder. „Bernhard!?“ Erstaunt, irritiert und überrascht zugleich riss er die Augen auf. „Was...?“

„Ich habe keine Ahnung, Bruder.“ Bernhard schien genauso verwundert zu sein wie Ernst. „Heute morgen klingelte es an meiner Haustür. Als ich öffnete war niemand da, dafür klebte ein Zettel an meiner Haustür.“

Inzwischen war Ernst eingestiegen. "Genau wie bei mir."

Der Weihnachtsmann trieb die Pferde an: „Hüü!“ Der Schlitten setzte sich in Bewegung und brachte die vielen kleinen Glöckchen zum Klingen.

Schweigend saßen sich die beiden Brüder gegenüber und vermieden es, sich anzusehen. Schon bald erkannten sie den Weg, den der Schlitten fuhr. Jedenfalls vermuteten sie etwas, als der Schlitten in die Berge fuhr.

„Sagen Sie, Herr Weihnachtsmann“ Ernst tippte dem Weihnachtsmann auf die Schulter. „Wo fahren wir eigentlich hin?“

„Ho, ho, ho! Dies ist eine Überraschung, mein Herr.“

Einige Minuten später machten sie am alten Bergbahnhof halt, wo Fritz bereits wartete.

„Ho, ho, ho! Ist es nicht ein wunderbarer Tag, für eine Schlittenfahrt, mein lieber Fritz?“, fragte der Weihnachtsmann.

„Nun, also ... ich weiß nicht“, antwortete Fritz ganz verwirrt.

„Wir haben noch einen Platz!“, rief der Weihnachtsmann und nickte nach hinten.

„Wir?“ Neugierig ging Fritz auf den Schlitten zu und stoppte auf einmal. „Ihr zwei?“ Fritz schaute erst seine Brüder an, dann den Weihnachtsmann, dann wieder seine Brüder.

„Jetzt komm schon rein!“, forderte Ernst ihn auf. „Unter diesen dicken Decken ist es schön warm.“

Zögerlich bestieg Fritz den Schlitten und setzte sich neben Ernst – Bernhard gegenüber.

„Was hat das alles zu bedeuten?“, fragte Fritz in die Runde.

„Was guckst du mich so an?“, fragte Bernhard schnippig. „Wir sind genauso überrascht wie du.“

Und schon setzte sich der Schlitten wieder in Bewegung und fuhr mitten in den Wald hinein.

Nach einiger Zeit konnte man einige Laternen ausmachen, die einen Weg markierten.

„Was ... ist das?“, murmelte Ernst und runzelte die Stirn.

Kurz darauf rief der Weihnachtskutscher: „Brrrrrr!“, und hielt den Schlitten an. „Ho, ho, ho! Wir sind da! Bitte alle aussteigen!“

Nacheinander stiegen drei irritierte alte Männer aus dem Schlitten und schauten den Weihnachtsmann fragend an.

„Da hinauf!“ Er zeigte zu dem beleuchteten Weg, der zu einer großen Felsformation hinaufführte. „Dort seid ihr an eurem Ziel!“

Sie setzten sich in Bewegung und stapften durch den Schnee, auf einen großen Felsen zu, der quer über zwei anderen Felsen lag.

„Ist das nicht der Villstein?“, murmelte Fritz.

„Hm, glaube schon“, brummte Bernhard.

Ernst hob die Augen auf und stellte leise fest: „Hier war ich ja schon ewig nicht mehr.“

Oben angekommen, erwarteten Samuel, Sarah, Dominik und Paul ihre Gäste bereits.

„Seid uns gegrüßt!“, begann Samuel. „Wir freuen uns, dass ihr unserer Einladung gefolgt seid.“

„Eurer ...?“

„Was hat das alles zu bedeuten?“, fragte Fritz.

„Und wieso sollte ich Kekse einpacken?“, legte Bernhard nach.

Ernst griff in seine Tasche. „Hier, ich sollte Thermoskannen mit Tee mitbringen.“

Dann schauten Bernhard und Ernst ihren Bruder an. „Was hast du mit?“

Etwas unsicher sagte Fritz leise: „Meine ... Bibel.“

Schweigen.

Sarah nutzte die Gelegenheit, um den Grund für den morgendlichen Ausflug zu erklären. „Meine lieben Müllers. Jeden von euch konnten wir in den letzten Jahren ein wenig kennenlernen. Wir erfuhren von verschiedenen ... dramatischen Entwicklungen. Dennoch glauben wir, dass ihr – tief in euch drin – ganz liebe Leute seid.“

„Und heute ist Weihnachten!“, fuhr Dominik fort. „Wie wir alle wissen, ist dies das Fest der Liebe. Man könnte aber auch sagen, das Fest der Versöhnung.“

Samuel nahm den Faden auf. „Gott sandte seinen Sohn auf diese Erde, damit wir Menschen mit ihm versöhnt werden könnten. Mit anderen Worten, er möchte mit uns Menschen Gemeinschaft haben – mit uns zusammen sein.“

„Aus diesem Grund haben wir euch eingeladen“, erklärte Paul. „Diese kleine Weihnachtsüberraschung ist für euch.“ Paul führte sie in die Höhle unter dem Villstein, dem großen Felsen, der dem Ort Villstein seinen Namen verlieh. Mehrere Laternen hüllten die Höhle in ein warmes Licht. Drinnen hatte Paul mit seinem Vater Sitzplätze mit Decken und Fellen vorbereitet. „Setzt euch! Macht es euch bequem. Wie ich sehe, habt ihr zufällig heißen Tee und Gebäck dabei. Das ist aber aufmerksam von euch.“ Dabei grinste Paul von einem Ohr zum anderen.

„Ja, nicht wahr?“ lächelte Ernst, dem die ganze Sache zunehmend zu gefallen schien.

Auch Fritz entspannte sich langsam.

Doch Bernhard war das alles nicht geheuer. „Wo sollte das nur hinführen? Was sollte das werden?“, fragte er sich.

„Hat jemand eine Bibel dabei?“, fragte Paul – wohl wissend, dass Fritz sie bei sich trug.

„Ja, ich ... rein zufällig“, lächelte er.

„Bitte lies uns doch die Weihnachtsgeschichte einmal vor.“

Paul, Samuel, Dominik und Sarah setzten sich.

Fritz zögerte einen Moment. Doch dann schlug er seine Bibel auf – in Lukas 2 – und begann zu lesen: „Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging ...“

Während Fritz vorlas, fröstelte es Bernhard.

Als Ernst es bemerkte, dachte er an die Thermoskanne in seiner Hand. „Hier, Hardy. Trink einen Schluck! Das wird dich wärmen.“

Mit einer Mischung aus Dankbarkeit und Überraschung nahm Bernhard den Tee entgegen und nahm einen Schluck. Auf einmal begann er in seiner Jackentasche zu kramen und zog eine kleine, kunstvoll bemalte Holzschatulle mit Keksen und Plätzchen heraus. „Hier, vielleicht ... wollt ihr ja ...“, sagte er leise. Es war ihm deutlich anzumerken, dass ihm das schwer fiel. Seine Hand zitterte.

Plötzlich wurde es absolut still. Fritz hatte aufgehört zu lesen. Alle warteten. Was würde geschehen?

Langsam streckte Ernst seine Hand aus. „Danke!“, murmelte er und nahm sich einen Keks.

Fritz atmete erleichtert auf und las weiter.

Sarah lehnte sich an Pauls Schulter und war glücklich. Sie hatten es geschafft. Die drei zertrittenen Brüder waren einen ersten Schritt aufeinander zugegangen. Endlich. Nach so vielen Jahren.

Erstaunlicherweise begannen die drei Brüder auf einmal, sich über alte Zeiten zu unterhalten. Sie aßen immer mehr Kekse und tranken den ganzen Tee.

Paul und seine Freunde hatten sich absichtlich im Hintergrund gehalten. Doch als er bemerkte, dass die Thermoskannen leer geworden waren, ging er auf die drei Brüder zu, hockte sich hin und sagte: „Es ist wirklich schön, zu sehen, dass ihr euch wieder etwas zu sagen habt. Sogar so viel, dass mir langsam der Magen knurrt. Ich hatte nämlich noch kein richtiges Frühstück. Wenn ihr erlaubt, würden wir euch gern wieder nach Hause schicken.“

Als hätte man sie mitten im wichtigsten Gespräch ihres Lebens gestört, schauten die drei auf und runzelten die Stirn.

Dann antwortete Hardy mit einem frechen Grinsen im Gesicht: „Also, die Jugend von heute. Halten aber auch gar nichts mehr aus.“

Daraufhin lachten seine beiden Brüder herzhaft und klopften sich gegenseitig auf die Schultern. Doch dann standen sie endlich auf und etwas Unglaubliches geschah. Sie umarmten sich. Die drei Brüder, die seit Jahren kein einziges Wort mehr miteinander gesprochen hatten, lagen sich in den Armen.

Sarah konnte es kaum fassen. Vor Freude rann ihr eine Träne über die Wange und selbst Paul hatte mit sich zu kämpfen.

Fritz und seine Brüder bedankten sich für dieses wunderbare Weihnachtsgeschenk und begaben sich zurück zum Schlitten. Zum Abschied winkten sie und Ernst rief:

„Wir wünschen euch eine gesegnete Weihnachtszeit!“


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